Dezimalklassifikation
(DDC - Dewey Decimal Classification)
- beruht auf einer Dezimalklassifikation,
die ursprünglich von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) konzipiert
und durch den US-amerikanischen Bibliothekar Melvil Dewey (1851–1931)
in der zweiten Hälfte des 19. Jh. weiterentwickelt wurde
- (damalige Neuerungen:
ergänzendes alphabetisches Register; sehr spezifische Feingliederung;
Bücher erhalten im Regal nun die Notation selbst als Beschriftung
und nicht der Regalboden!)
- heute hält der amerikanische
Bibliotheksdienstleister OCLC die Lizenz für das DDC-System
- die Systematik wurde
in über 30 Sprachen übersetzt, wird relativ häufig aktualisiert
- 2005 erschien erstmals
die durch die DFG unterstützte deutsche Übersetzung der DDC,
die seit Januar 2006 in der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) Anwendung
findet; die laufenden Aktualisierungen gibt es entweder jährlich
über eine vierbändige "print-on-demand"-Ausgabe bzw.
über die Web-Oberfläche Web-Dewey (siehe unten): Inzwischen,
in der 23. Ausgabe, wird die Dewey-Dezimalklassifikation (DDC), basierend
auf den Aktualisierungen des amerikanischen Originals, fortlaufend übersetzt.
Die deutsche Ausgabe wird als DDC Deutsch bezeichnet
- in über 135 Ländern
verbreitet; kommt in rund 50% aller Nationalbibliotheken zur Anwendung
- Hauptkennzeichen
der DDC: die Gesamtheit der Wissenschaften wird in 10 Hauptklassen
(nach Fachgebieten und nicht nach konkreten Themen!) eingeteilt
...
000 Information, Informationswissenschaft,
allgemeine Werke
100 Philosophie u. Psychologie
200 Religion
300 Sozialwissenschaften
400 Sprache
500 Naturwissenschaften u. Mathematik
600 Technik, Medizin, Angewandte Wissenschaften
700 Künste u. Unterhaltung
800 Literatur
900 Geschichte u. Geographie
- 10 Hauptklassen
werden in 100 Klassen der Ebene 2 bzw. 1000 Klassen
der Ebene 3 usw. bis hin zu sehr speziellen Sachverhalten untergliedert
(sog. Notationshierarchie), ingesamt ca. 36.000 Klassen
- die ersten drei Hierarchie-Ebenen
werden auch als DDC-Übersichten bezeichnet
- Dewey-Punkt nach der
3. Stelle (wird nicht mitgesprochen!)
- jede Notation umfasst
mindestens drei Ziffern: zur Auffüllung der Notationen auf drei Stellen
werden Nullen verwendet
- z.B. Notation für
eine musikalische Stilrichtung im Jazz: "Mainstream Jazz" - entnommen
aus den sog. Haupttafeln
700 Künste und Unterhaltung
780 Musik
781 - 788 Prinzipien, Formen, Ensembles, Stimmen, Instrumente
781 Allgemeine Prinzipien und musikalische Formen
781.2 - 781.8 Andere Prinzipien und musikalische Formen
781.6 Musiktraditionen
781.63 - 781.69 Andere Musiktraditionen
781.65 Jazz
781.654 Mainstream Jazz
- Da die DDC nach
Fachgebieten und nicht nach Themen gliedert, kann ein Thema mehrere
Systemstellen haben ...
- Kleidung (Mode):
746.92 (als Teil des Fachgebietes Künste)
- Kleidung (und damit
verbundene Bräuche): 391 (als Teil des Fachgebietes Bräuche,
Etikette, Folklore)
- Kleidung (und ihre
psychologische Wirkung): 155.95 (als Teil des Fachgebietes Psychologie)
- Neben den Haupttafeln
gibt es auch noch Hilfstafeln (sog. Schlüsselung für immer
wiederkehrende standardisierbare Sachverhalte/Aspekte), die
an die DDC-Zahlen angehängt werden (insgesamt ca. 9.000
Klassen!) - damit auch Entwicklung in Richtung einer Facetten-Klassifikation
("Baukasten-Prinzip")
- Standard-Schlüssel
(z.B. für Biographien, Wörterbücher, Zeitschriften etc.)
= T 1 (der Standard-Schlüssel darf an jede Notation angehängt
werden!) sowie weitere spezielle Schlüssel (Erklärungsanwendung
in den jeweiligen Haupttafeln) für ...
- geographische
Gebiete, Zeitabschnitte, Personen = T 2
- Schlüssel
für Künste, für einzelne literarische Gattungen = T 3
- Sprachschlüssel
(für einzelne Sprachen und Sprachfamilien) = T 4
- Ethnische und nationale
Gruppen = T 5
- Sprachen = T 6
- durch die Kombination
von Hilfstafeln mit den Haupttafeln können insgesamt ca.
1 Milliarde Notationen erzeugt werden (extrem mächtiges System)
- bei der Kombination
gilt: Sachaspekt VOR Ortsaspekt VOR Zeitaspekt
VOR Formaspekt
- Beispiel für eine
zusammengesetzte Notation / Notationssynthese durch Anhängen
von Schlüsseln (als Möglichkeit der sog. syntaktischen
Indexierung)
- 027.1430904
Öffentliche Bibliotheken - Deutschland - 20. Jahrhundert
- 027.1
Öffentliche Bibliotheken
(aus den Haupttafeln)
- 43
für
Deutschland (entnommen aus T 2 - Hilfstafel 2 für
geographische Gebiete, Zeitabschnitte, Biographien, T 2-43
Heutige Welt -- Europa -- Deutschland)
- 0904
für
20. Jahrhundert (entnommen aus T 1 - Hilfstafel 1
Standard-Schlüssel, T 1-0904 Geschichte/Zeitabschnitte,
20. Jh.)
- weitere Beispiele aus
dem DNB-Katalog ...
- Kongressband
"Buch und Reformation"
erhält die DDC-Notation 027.043209031
- 027 = Haupttafel
"Allgemeinbibliotheken"
- 432 = T 2
Hilfstafel 2 "Geographische Gebiete" (eingeleitet duch
eine 0): Thüringen und Sachsen
- 09031 = T
1 Hilfstafel 1 "Zeitabschnitte": 16. Jahrhundert
Weiterführende
Informationen
Übungsaufgaben
- Klassifizieren der folgenden Buchtitel ...
Nutzen Sie entweder WebDeweySearch
und die Hilfstafeln
oder bei Bedarf auch den Katalog
der DNB bzw. evtl. auch den neuen
Katalog der DNB mit einer Suche über entsprechende Stichwörter
aus möglichen Buchtiteln (Registerfunktion!)
1. Spinnen - Einführung
in ihre Biologie und Kulturgeschichte
2. Krank durch elektromagnetische
Strahlung - eine allgemeinverständliche Einführung
3. Berühmte Jazzmusiker
erzählen: Lebensbeschreibungen von 50 ausgewählten Musikern
4. Malerei des Mittelalters
(historische Abhandlung)
5. Montessori-Pädagogik
- alternative didaktische Unterrichtsmodelle in der Grundschule
6. Allein erziehen - na
und! Starke Mütter als starke Erzieherinnen
7. Seine Zeit effektiv managen
- effektive Methoden für die Praxis
8. Neue Enzyklopädie
der Entwicklungspsychologie
9. Stalking - Opfer wirksam
unterstützen: erprobte Trainingsmaterialien
Vor- und Nachteile
dieser Klassifikation
Vorteile: international,
regelmäßige Aktualisierung, ausschließlich Ziffernfolgen, unbegrenzt
erweiterbar, Möglichkeit der Notationssynthese (bis zu 1 Milliarde Notationen
möglich!)
Nachteile: problematische
Übersichtlichkeit (sehr lange Notationen möglich), komplexe Hilfstafeln,
umfangreiche u. teilweise komplizierte Anwendungsregeln, (als Aufstellungssystematik
nur bedingt geeignet)
Copyright: B. Meier