Musikbibliotheken in Deutschland - Arbeit in Musikbibliotheken
Musikbibliotheks-Typologie
Öffentliche Musikbibliotheken (ÖMB)
  • Zielgruppe: Musikinteressierte aus allen Bevölkerungsschichten; sowohl aktive Musizierende als auch Musikliebhaber
  • Bestand: breites Angebot an Musikalien, Musikbüchern, Musikzeitschriften, Tonträgern, AV-Medien aus allen Bereichen (E-Musik, U-Musik, Jazz, Pop etc.) zur Nutzung vor Ort. Größere ÖMBs verfügen über einen musikwissenschaftlichen Nachschlagebestand (Lexika, Handbücher, Gesamtausgaben einzelner Komponisten ...), auch zunehmend Bereitstellung von Streaming/Download-Diensten, z.B.
    • Naxos Music Library: "2,4 Millionen Titeln von mehr als 157.000 CDs"
    • Freegal (Bsp. StB Mannheim): "15.000.000 Musiktitel aus über 100 Ländern + 220 Musikgenres wie Pop und Rock, Weltmusik, Jazz, Klassik, Hörspiele, Kinderlieder u.v.m. sowie Videoclips ..."
  • betreiben Öffentlichkeitsarbeit (Konzerte, Vorträge, Ausstellungen, Musizierpartnervermittlung)
  • Zusammenarbeit mit den örtlichen Musikeinrichtungen (Musikschulen, VHS etc.)
  • dokumentieren teilweise auch das Musikleben vor Ort (Zeitungsarchiv etc.)
  • Organisation: häufig eine Abteilung innerhalb eines großstädtischen Bibliothekssystems
  • große und bedeutende ÖMB: München, Frankfurt/M., Stuttgart, ZLB Berlin, Düsseldorf ...
  • vgl. auch die Übersicht über ÖMB (Stand 2018, MIZ)
  • vgl. auch: Funtenberger, V.: Musikbibliotheken im Zeitalter des digitalen Wandels (BuB 4/2016)

Wissenschaftliche Musikbibliotheken (WMB)

  • Zielgruppe: musikwissenschaftliche Interessierte, Musik(wissenschafts)studierende, (Berufs-)Musiker
  • Bestand: Musikliteratur, Musikalien, Tonträger sowie häufig singuläres Quellenmaterial (Musikhandschriften, alte Drucke, Nachlässe); umfangreiche Nachschlagebestände (Musikinformationsmittel, Datenbanken etc.)
  • betreiben teilweise Öffentlichkeitstarbeit (siehe ÖMB)
  • Organisation
    • Musikabteilungen von Wissenschaftlichen Bibliotheken (Staats-, Landes- oder Universitätsbibliotheken)
    • WMBs mit Präsenzcharakter
      • Musikbibliotheken der Musikwissenschaftlichen Institute wissenschaftlicher Hochschulen
        • Uni Frankfurt, Institut für Musikwissenschaft - Bibliothek
      • Musikbibliotheken der Musikhochschulen
      • Rundfunk- und Orchesterbibliotheken
Deutsches Musikarchiv (Leipzig) / Nationalbibliotheks-Ebene
  • im Rahmen der nationalbibliothekarischen Aufgaben zuständig für die Sammlung von in Deutschland erschienenen Musikalien und Tonträgern (Pflichtexemplarregelung) ...
    • "... sammelt und archiviert Musik, um diese dauerhaft zu erhalten und verfügbar zu machen. Damit sind wir das zentrale musikbibliografische Informationszentrum Deutschlands. Basis der Sammlung sind die Noten und Tonaufnahmen, zu deren Abgabe alle deutschen Notenverlage und Labels gesetzlich verpflichtet sind. Aktuell umfassen unsere Bestände mehr als zwei Millionen Werke. Darunter finden sich auch historische Tonträger wie Schellackplatten, Phonographenzylinder und Klavierrollen für den selbstspielenden Reproduktionsflügel."
    • Tonträger (Schallplatten, MC, CD) ab 1970 ff.
    • Musikalien (Musiknoten) ab 1970 ff.
    • (Pflichtexemplare der Musikalien aus dem Zeitraum 1906 bis 1945 befinden sich in der Staatsbibliothek Berlin)
  • laufende Verzeichnung der Medien in den beiden Reihen der Deutschen Nationalbibliographie
 

Erschließungsinstrumente

  • Formalerschließung von Musikalien und Tonträgern
    • bis 2015: RAK-Musik (revidierte Ausgabe 2003)
    • ab 2016: Katalogisierung nach RDA (= Ressource Description and Access - "Ressourcen beschreiben und zugänglich machen", internationales Regelwerk)
      • Hinweise von P. Wagenknecht (Berlin)
      • Modul 6M - Spezialschulungen Musik (Übersicht der DNB)
      • Besonderheiten, bezogen auf Musikalien und Tonträger
        • Unterscheidung der Medienbeschreibung auf 4 Ebenen (Entitäten) analog zu den weiteren Medienbeschreibungen (z.B. Bücher, E-Medien, Filme, Spiele etc.)
          • Werk: Ludwig van Beethoven, "9. Sinfonie" (Idee des Komponisten, geistige Schöpfung)
          • Expression: die "9. Sinfonie" als künstlerische Realisierung ...
            • in Notenschrift
            • als Ton-/ Klang
            • Aufführung vor Publikum
          • Manifestation (also die konkrete physische Verkörperung der Expression z.B. durch einen Verlag, Hersteller etc.) - auf dieser Ebene findet auch die Katalogisierung im Wesentlichen statt - als ...
            • Notentext der Partitur
            • Ton-Aufnahme auf einer CD
            • Aufführungsmitschnitt als DVD
          • Exemplar
            • das jeweilige Exemplar in einer Bibliothek (konkretes Medium)
        • Verwendung von sog. normierten Sucheinstiegen (im Sinne eines bevorzugten Werk-Titels), Beispiele
          • Vorlage: Ludwig van Beethoven, Horn-Sonate, opus 17
          • Ansetzung/normierter Sucheinstieg: Beethoven, Ludwig van, 1770-1827. Sonaten, Horn, Klavier, op. 17
          • Vorlage: Klangvolles aus den schönsten Sinfonien Joseph Haydns
          • Ansetzung/normierter Sucheinstieg: Haydn, Joseph, 1732-1809. Werke, Orchester. Auswahl
          • weitere Hinweise zum Einheits-Sachtitel bei musikalischen Werken (Bibliothek der HS für Musik u. Theater, München)
    • hilfreich für die Ermittlung normierter Sucheinstiege: GND - Gemeinsame Normdatei (DNB Frankfurt) "enthält Normdaten zu Personen, Körperschaften, Konferenzen, Geografika, Sachbegriffen sowie zu literarisch-kulturellen Werken. Das BSZ beteiligt sich an der Redaktion und Pflege der GND. Wikipedia nutzt u. a. die GND, um Personen und andere Normdaten zu referenzieren"
  • Sacherschließung / spezielle Systematiken (teilweise auch für die Aufstellung geeignet)
 

Verbände für Musikbibliotheken / Fachzeitschriften

AIBM - Association Internationale des Bibliothèques, Archives et Centres des Documentation Musicaux / Gruppe Deutschland

Forum Musikbibliothek: Beiträge aus der musikbibliothekarischen Informationspraxis

 
Ausbildung von Musikbibliothekaren in Deutschland / Vermittlung musikbibliothekarischer Grundkenntnisse
  • HdM Stuttgart: Kontaktstudium Digitale Musikbibliothek und digitale Musikarchivierung (2 Module im Rahmen des Masterstudiums)
  • HTWK Leipzig: Profillinie "Musikbibliotheken" (MA)
  • weitere Hinweise bei der AIBM
  • Bei musikalischen Grundkenntnissen ist es durchaus auch möglich, ohne offiziell entsprechend absolvierte Module/Kurse in das Berufsfeld zu gelangen; allerdings werden Bewerber mit einem Nachweis der Zusatzausbildung meistens bevorzugt.
 
Ausgewählte Informationsmittel für die Musikrecherche (überwiegend zur selbständigen Exploration)

Einführend (auch in die Welt der musikwiss. Informationsmittel) ...

  • Knaus, Kordula / Zedler, Andrea: Musikwissenschaft studieren - arbeitstechnische und methodische Grundlagen, 2. Aufl. 2019 inkl. Website zum Buch

Portale

  • MIZ - Deutsches Musikinformationszentrum: "Das MIZ ist die zentrale Informationseinrichtung zum Thema Musik und Musikleben in Deutschland. Es dokumentiert Trends und Entwicklungen, erfasst aktuelle Daten und Fakten und stellt Hintergrundinformationen zu zentralen Feldern der Musikkultur bereit."
  • musiconn - Portal des FID Musikwissenschaft "Die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) betreut seit 2014 den Fachinformationsdienst (FID) Musikwissenschaft. Zuvor war sie von 1949 bis 2013 für das Sondersammelgebiet Musikwissenschaft verantwortlich. Anfang 2017 stieß zu Beginn der 2. Förderphase des FID Musikwissenschaft die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) als Projektpartner hinzu. Die qualifizierte Informationsversorgung des FID Musikwissenschaft beinhaltet den gedruckten wie den elektronischen Bestandsaufbau inklusive deren Bereitstellung und Langzeitarchivierung. Darüber hinaus wurden bewährte Module der Virtuellen Fachbibliothek Musikwissenschaft (ViFaMusik) in den FID Musikwissenschaft integriert und weiterentwickelt. Die Angebote und Services werden unter der neuen Marke "musiconn - Für vernetzte Musikwissenschaft" zusammengefasst."

Bücher (musica theoretica) bzw. Noten (Musikalien, musica practica) - umfassende Bibliothekskataloge mit Besitznachweisen; erste bibliographische Anlaufstellen

  • Katalog der DNB (Einschränkung auf Musikalien / Tonträger)
  • WorldCat (erweitere Suche: u.a. Eingrenzung auf Medienart)
  • Katalog der BSB München (Bayrische Staatsbibliothek; z.B. Eingrenzung auf Noten); die BSB verfügt über hervorragende Musikbestände (Bücher, Noten, Handschriften!)
  • Katalog der HfM Leipzig; sehr gutes Discovery-System inkl. Facettierung der Besetzungsformen
  • bedingt geeignet: KVK (für die internationale Recherche nach Musikalien bzw. Tonträgern; allerdings keine Einschränkung auf Medienarten möglich u. die Bestände von ÖMB kaum verzeichnet!)

Literaturverzeichnisse (Bibliographien für Musikschrifttum, unabhängig vom Besitznachweis einer Bibliothek)

  • BMS - Bibliographie des Musikschrifttums: "... internationale, interaktive und frei nutzbare Bibliographie für die Musikwissenschaft. Sie wird herausgegeben vom » Staatlichen Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz, Berlin, in Fortsetzung des bis zum Berichtsjahr 1988 gedruckten Werkes. Gegenwärtig weist die BMS über 330.000 Schriften mit Bezug zur Musik ab 1950 nach. ... Berücksichtigt werden Bücher, Aufsätze und Rezensionen aus Zeitschriften, Festschriften, Kongreßberichten, Jahrbüchern, Sammelbänden und kritischen Berichten musikalischer Editionen."

Noten / Musikalien

a) Alte Notendrucke

  • RISM - Repertoire Internationale des Sources Musicales: "Sie können kostenlos in mehr als 850.000 Datensätzen suchen, in denen Sie vor allem historische handschriftliche Noten (die Mehrzahl entstanden vor 1800) finden werden. Diese Originale können Sie in den angegebenen Bibliotheken, Musikarchiven oder Privatsammlungen einsehen, oft auch Reproduktionen herstellen lassen."

b) Bibliotheksübergreifende Bestandsnachweise von Noten / Beispiel Verbundkataloge

  • KOBV-Portal (Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin Brandenburg, KOBV): "... können Sie auch bedeutende Noten-Sammlungen mit einer Recherche durchsuchen. Folgende Bibliotheken haben sich bislang im VK Noten zusammen geschlossen:Berlin - Humboldt-Universität, Berlin - Staatsbibliothek, Berlin - Universität der Künste Berlin - Verbund Öffentlicher Bibliotheken Berlins (Musikbibliotheken) und Zentral- und Landesbibliothek Berlin."

c) Im Musikalienhandel erhältliche (lieferbare) Noten

  • notenlink.de: "Onlineshops für Musiknoten, Musikbücher und Songbooks, über 810.000 Musiknoten, Musikbücher und Songbooks, über 90 notenlink-Shops - z.T. weltweiter Musiknoten-Versand, sichere Übertragung Ihrer Bestelldaten,
    verlagsneue Original-Musiknoten aller bedeutender Musikverlage."

Digitalisierte Noten und Audiofiles

  • IMSLP - Petrucci Music Library: "181,259 Werke, 22,442 Komponisten, 605 Künstler, 578,950 Notendateien, 11,390,662 Seiten, 67,198 Aufnahmen ""; überwiegend klassische Musikwerke als Notendrucke bzw. Handschrift u. zunehmend auch Audiofiles
  • British Library Sounds: "... provides free online access for UK higher and further education institutions to over 50,000 rare recordings of music, spoken word, and human and natural environments. Many of these recordings are also accessible for general public listening online."
  • promusic.org: "All You Need To Know About Getting Music On The Internet"; Übersicht über die legalen (!!) Downloadportale für Musik, weltweit

Tonträger

  • freegal music - Musik streamen und downloaden in Kooperation mit (Musik-)Bibliothek - Beispiel Mannheim
  • musicline.de: "Sie suchen nach Neuerscheinungen und möchten in die Titel reinhören? Mit der Suchmaschine musicline.de finden Sie alle derzeit in Deutschland erhältlichen Artikel, egal ob CD, Video, Blu-ray, Hörbücher oder Merchandise-Artikel. Stöbern Sie nach Formaten, lassen Sie sich alle Produkte zu Ihrer Lieblingsband anzeigen oder finden Sie mit Hilfe der detaillierten Suche Neuerscheinungen verschiedener Genres."
  • British Library Sound Archive: "... holds many sound and video recordings, with over a million discs and thousands of tapes. Its collections come from all over the world and cover the entire range of recorded sound from music, drama and literature, to oral history and wildlife sounds. Formats range from cylinders made in the late 19th century to the latest digital media."
  • Discogs: "Unser Ziel ist es, die größte und ausführlichste Musikdatenbank der Welt und einen dazugehörigen Marktplatz aufzubauen. Stellen Sie sich eine Datenbank vor, die Diskographien aller Künstler und Labels beinhaltet, diese miteinander verknüpft, und es gestattet, Tonträger auf internationaler Ebene zu handeln. Es geht um die Liebe zur Musik und wir kommen unserem Ziel jeden Tag etwas näher."

Spezielle Themen (Auswahl)

  • RoJaRo - Rock, Jazz, Roots: "the world's largest free music magazine index covering rock - jazz - roots music - blues - country - rap - soul - folk- latin - gospel - metal - psychedelic - reggae - punk - world music - salsa - afropop - pop - film music
    progressive - dance - techno - electronica - avant garde - ska - r&b - exotica - house - etc etc, also including music magazine, fanzine & record label information."
  • Klassika: "... hat sich zum Ziel gesetzt, ein umfassendes Nachschlagewerk für Komponistinnen und Komponisten des Barocks, der Klassik, der Romantik bis zur Moderne anzubieten. Informationen zu Leben und Werk der Musikschaffenden werden ergänzt durch Informationen über Dirigenten, Textdichter und Librettisten. Ein Veranstaltungskalender dient als Plattform für interessante Veranstaltungen im Bereich der klassischen Musik."
  • Historisch-kritisches Liederlexikon: "Das Historisch-kritische Liederlexikon ist ein wirkungsgeschichtlich angelegtes Forschungsprojekt, das die Verknüpfung von historisch-kritischer Edition und liedgeschichtlicher Kommentierung zur Grundlage hat. Dieses Projekt ist die neue wissenschaftliche Popularlied-Edition des Deutschen Volksliedarchivs. Ziel des Historisch-kritischen Liederlexikons ist es, eine repräsentative Edition der traditionellen und populären Lieder aus dem deutschsprachigen Raum vorzulegen. Die Bearbeitung erfolgt nach thematisch definierten Liedgruppen, die in jeweils eigenen Forschungsprojekten bearbeitet werden."
  • Songlexikon: ""Das Beste von den 60er-Jahren bis heute".So ähnlich bieten viele Radiostationen Popmusik als buntes und beliebiges Potpourri an. Dabei hat jeder Song eine individuelle Geschichte, die das Online-Songlexikon erzählen will.
    Die Song-Analysen sind auf Deutsch, Englisch oder Französisch geschrieben. Die Sortierung ist alphabetisch nach Songtitel oder Bandnamen sowie chronologisch."

 




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