Regeln für die Schlagwortkatalogisierung (RSWK) / wichtige Grundregeln
 

Grundlegendes Regelwerk: Regeln für die Schlagwortkatalogisierung RSWK, 4., vollständig überarbeitete Auflage 2017

1. Grundlegendes: Erfassung und Terminologische Kontrolle (§ 2)

  • ein Schlagwort ist immer eine terminologisch kontrollierte Bezeichnung, die bei der sog. Indexierung und dem Retrieval für einen Begriff aus einem Dokumentinhalt verwendet wird
  • Verwendung der sog. Terminologischen Kontrolle:
    • Terminologische Kontrolle ist die Gesamtheit der Maßnahmen, die dazu dienen, Begriffe und Bezeichnungen eindeutig aufeinander zu beziehen (Beseitigung von Mehrdeutigkeiten ...). Der wichtigste Schritt ist die Ansetzung eines Schlagwortes, indem ...
      • für jeden Begriff eine Ansetzungsform (Vorzugsbezeichnung) festgelegt wird, die den Begriff eindeutig vertritt
      • Synonyme (nicht gewählte Sucheinstiege) möglichst vollständig erfasst werden (Synonymiekontrolle, vgl. § 12,2)
      • Homonyme und Polyseme besonders gekennzeichnet werden (Homonymiekontrolle, vgl. § 10)
      • geprüft wird, ob ein komplexer Begriff durch mehrere Schlagwörter wiedergegeben
        werden soll (sog. Zerlegungskontrolle, vgl. §§ 8,5; 304,3 und 4)
        • Weitere Hilfsmittel sind ...
          • die Bestimmung der hierarchischen Beziehungen: Oberbegriffe (Symbol OB), Unterbegriffe (Symbol UB), Verwandte Begriffe (Symbol VB)
          • die Bestimmung der begriffsinhaltlichen Überschneidungen bzw. der assoziativen und chronologischen Beziehungen
          • Definitionen und Verwendungshinweise
  • Bei der Zuordnung der Schlagwörter zu den Dokumenten sind grundsätzlich zwei strukturell unterschiedliche Verfahren möglich (s. auch unter Punkt 7):
    • Verwendung einzelner unverbundener Schlagwörter, die unabhängig von dokumentspezifischen Beziehungen gleichrangig nebeneinander gestellt werden (gleichordnende Indexierung)
    • Kombination einzelner Schlagwörter zu Schlagwortfolgen, die den themenspezifischen Zusammenhängen entsprechen (syntaktische Indexierung)
  • Für die Bildung eines Schlagwortes gilt die sog. Gebräuchlichkeit: "Zur Feststellung der Gebräuchlichkeit sind die jeweils neueste deutschsprachige Allgemeinenzyklopädie einschließlich ihrer Nachträge, danach andere allgemeine und fachliche Nachschlagewerke einschließlich der Fachthesauri heranzuziehen. Wenn es keinen Nachweis gibt und auch die korrekte Wiedergabe des Begriffs durch Kombination mehrerer Schlagwörter nicht möglich ist, so wird eine treffende Bezeichnung dem vorliegenden Dokument entnommen ... ." (§ 9)

 

2. Zu unterscheiden sind die 7 folgenden Schlagwortkategorien (§ 11)

  • p Personen-SW 
    • Beispiele
      • p Bismarck, Otto ¬von ¬, 1815-1898
      • p Dürer, Albrecht, 1471-1528
      • p Joyce, James, 1882-1941
      • p Funke, Cornelia, 1968-
  • g Geographisches SW
    •  Beispiele
      • g Frankreich
      • g Main-Taunus-Kreis
      • g Atlantischer Ozean
      • g Oder-Neiße-Linie
  • k Körperschafts-SW (übernommen gemäß RDA Formalerschließung, z.B. Vereine, Verbände, Firmen, Museen, Bibliotheken, Hochschulen, Messen, Festivals, Gebietskörperschaften ...)
    • Beispiele
      • k Duales System Deutschland GmbH
      • k Bayerische Motoren-Werke
      • k Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung
      • k Europarat
  • t SW für Werktitel (übernommen gemäß RDA Formalerschließung)
    • Beispiele
      • t Beckett, Samuel, 1906-1989. Mal vu mal dit
      • t Mann, Heinrich, 1871-1950. Professor Unrat
  • v SW für Konferenzen (übernommen gemäß RDA Formalerschließung)
    • Beispiel
      • v Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention (2007 : Nusa Dua)
      • v Deutscher Bibliothekartag (117. : 2018 : Berlin)
  • s Sach-SW (Sachbegriffe, die nicht in eine andere Kategorie fallen) 
    • Beispiele
      • s Modern Dance
      • s Information Retrieval
      • s Aquarienfische
  • z Zeit-SW (Zeitpunkt, Zeitraum) 
    • Beispiele
      • z Geschichte
      • z Geschichte 1933-1945
      • z Weltgeschichte 1945-1987
      • z Prognose 2015-2020

 

  • f Formangabe (z.B. Bibliographie, Bildband, Quellen, Aufsatzsammlung, Karte etc.; diese Begriffe werden bei der Formalerschließung mit RDA angesiedelt, siehe die folgende Liste "normierte Begriffe zur Beschreibung des Inhalts") - in den Titelaufnahmen nach RDA werden sie in das Feld "Art des Inhalts" (RDA-Beschreibungs-Element 7.2.) eingefügt.
  • Zielgruppenangabe (z.B. Vorschulkind, Leseanfänger, Jugend etc.)

Form- und Zielgruppenangaben werden als Normdatensätze in der GND (siehe hier unter 8.) erfasst, aber im Titelsatz nach der Schlagwortfolge in spezifischen Feldern abgelegt (siehe auch hier unter 7.)

Die Kategorien gliedern somit das Gesamtrepertoire der Schlagwörter und bestimmen auch die Rangfolge bei der Verwendung mehrerer Schlagwörter in einer sog. Schlagwortfolge (s. weiter unten bei 7.)


 
3. Synonyme beachten (§ 12)
  • den häufiger gebrauchten Ausdruck als Schlagwort und verweisen mit BF (benutzt für, also das nicht-angesetzte Synonym) verwenden, z.B. ...
  • SW s Bauchspeicheldrüse
    BF s Pankreas

    SW s Bauchspeicheldrüsenkrebs
    BF s Pankreascarcinom
    Pankreascarcinom ist lediglich fachsprachlich geläufig

  • ausschlaggebend: Prinzip der sog. Gebräuchlichkeit (vgl. § 9)

 
4. Homonyme durch Zusätze in Klammern auseinanderhalten  (§ 10)

SW s Brücke
Für das Bauwerk; es handelt sich um die Grundbedeutung.

SW s Brücke (Graphentheorie)
SW k Brücke (Künstlervereinigung)
SW s Brücke (Teppich)
SW s Brücke (Zahnmedizin)


 
5. Sachbegriffe, die aus einer Kombination mehrerer Wörter bestehen, sind als Kompositum (zusammengesetztes Hauptwort) - im Sinne es sog. präkombinierten Schlagwortes - anzusetzen, wenn dieser Ausdruck gebräuchlich ist 

Pflanzen der Berge --> s Gebirgspflanzen 
Psychologie des Kindes --> s Kinderpsychologie 

jedoch: Musikinstrumentenrestaurierung (als nicht-gebräuchlicher Begriff) wird - im Sinne einer sog. Zerlegungskontrolle - zerlegt in

s Musikinstrument; s Restaurierung

 


 
6. Verbindung von Adjektiv und Substantiv (sog. präkombiniertes Schlagwort)
  • bleibt bestehen, wenn diese gebräuchlich (also feste Prägung) ist, wie z.B. 
    • s Organische Chemie 
    • s Französische Revolution 
  • wird aufgelöst zum Kompositum oder in mehrere SW (vgl. sog. Zerlegungskontrolle, § 8) zerlegt, wie z.B.
    • Musikalische Erziehung -->  s Musikerziehung 
    • Buddhistische Ethik --> s Buddhismus ; s Ethik 

Generell gilt es im Sinne der sog. Zerlegungskontrolle auch bei der Neuvergabe von Schlagwörtern immer zu überprüfen, ob sich der Sachverhalt nicht durch mehrere SW wiedergeben lässt.


 

7. komplexere Sachverhalte in eine Schlagwortfolge (=SWW) unter Verwendung mehrerer SW (getrennt durch Semikolon) zerlegen  (§ 13)

"Kann ein Thema nicht durch ein einziges Schlagwort ausgedrückt werden, so werden mehrere Schlagwörter zu einer Schlagwortfolge kombiniert. Bei der Titelanzeige können Benutzer die aufeinander folgenden Schlagwörter gedanklich zueinander in Beziehung setzen; Schlagwortfolgen stellen also Kurz-Abstracts für Themen dar. Beim Retrieval ermöglichen sie eine rasche Beurteilung der Relevanz und die Selektion geeigneter Treffer ... . Oberste Prinzipien der Bildung von Schlagwortfolgen sind die inhaltlich zutreffende Abbildung des Themas durch die Schlagwortfolge und deren Verständlichkeit."

Beispiele für Schlagwortfolgen

Titel: Öffentliche Musikbibliotheken in Deutschland: Entwicklungsgeschichte u. historische Bestandsanalysen bis 1945, Universität Heidelberg - Dissertation 1997
SWW g Deutschland; s Musikbibliothek; s Bibliotheksbestand; z Geschichte 1900-1945

Titel: 50 Jahre Hessische Familiengeschichtliche Vereinigung e. V. Darmstadt : 1921-1971; Festschrift ; mit Beiträgen zur hessen-darmstädtischen Genealogie. - 1971
SWW k Hessische Familiengeschichtliche Vereinigung ; z Geschichte 1931-1971
SWW g Hessen-Darmstadt ; s Genealogie
f Aufsatzsammlung

Titel: Antike Religionsgeschichte in räumlicher Perspektive : Abschlussbericht zum Schwerpunktprogramm 1080 der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Römische Reichsreligion und Provinzialreligion" / hrsg. von Jörg Rüpke ... - 2007
SWW g Römisches Reich ; s Provinz ; s Religion ; z Geschichte
SWW g Römisches Reich ; s Religion ; s Forschung
f Aufsatzsammlung
f Literaturbericht, 2000-2007

Titel: Ich bin eine deutsche Türkin / Ranka Keser. - 1995
SWW g Deutschland ; s Türkisches Mädchen ; s Kulturkonflikt
f Jugendbuch
Zielgruppe: Jugend

Formale Reihenfolge innerhalb der Schlagwortfolge (§ 14)

Die Reihenfolge der Schlagwörter richtet sich zunächst formal nach den Schlagwortkategorien (vgl. § 11).
a) Personenschlagwörter und unter Personennamen erfasste Werke (gleichrangig)
b) geografische Schlagwörter und Körperschaften (gleichrangig)
c) anonyme Werktitel und Werke, die unter einer Körperschaft erfasst werden
d) Sachschlagwörter
e) Zeitschlagwörter
Die Form- und Zielgruppenangabe wird außerhalb der Schlagwortfolge in eigenen Feldern abgelegt und im Regelwerk im Anschluss an die Schlagwortfolge dargestellt.

Beispiele für die Reihenfolge innerhalb der Schlagwortfolge

SWW p Keynes, John Maynard, 1883-1946 ; g Großbritannien ; s Wirtschaftspolitik ; z Geschichte 1918-1945
f Aufsatzsammlung

SWW p Goethe, Johann Wolfgang ¬von¬, 1749-1832; g Deutschland ; s Literarische Stätte
f Führer

SWW t Beauvoir, Simone ¬de¬, 1908-1986. Les mandarins ; g Frankreich ; s Literaturkritik

SWW g Irak ; k Vereinte Nationen ; s Abrüstung ; s Kontrolle

SWW g Deutschland ; s Verlag ; s Unternehmensgründung
f Ratgeber

Insgesamt nur eine sehr schwache syntaktische Indexierung in den Schlagwortfolgen feststellbar (d.h., die Beziehung = Syntax einzelner Schlagwörter zueinander kann nur mit Hilfe des " ; " - also sehr pauschal - abgebildet werden!)
 


 

 

8. Für die einheitliche Ansetzung bzw. Auswahl der Schlagwörter ist die GND (Gemeinsame Normdatei) maßgebend, die gemeinsam von der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) und weiteren Bibliotheksverbünden erarbeitet wurde. Sie ist im Rahmen des DNB-Kataloges zugänglich sowie auch bei ...

  • OGND beim SWB Baden-Württemberg: "Die OGND bietet Zugriff auf die GND (Gemeinsame Normdatei), in der die bisherigen Normdateien Personennamendatei (PND), Schlagwortnormdatei (SWD) und Gemeinsame Körperschaftsdatei (GKD) sowie die Einheitssachtitel-Datei des Deutschen Musikarchivs in einer gemeinsamen Normdatei (GND) zusammengeführt wurden."

Weitere Hinweise zur GND von der DNB: "Die Gemeinsame Normdatei (GND) ist ein Dienst, um Normdaten kooperativ nutzen und verwalten zu können. Diese Normdaten repräsentieren und beschreiben Entitäten, also Personen, Körperschaften, Konferenzen, Geografika, Sachbegriffe und Werke, die in Bezug zu kulturellen und wissenschaftlichen Sammlungen stehen. Vor allem Bibliotheken nutzen die GND zur Erschließung von Publikationen. Zunehmend arbeiten mit der GND aber auch Archive, Museen, Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen sowie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in Forschungsprojekten. Normdaten erleichtern die Erschließung, bieten eindeutige Sucheinstiege und vernetzen unterschiedliche Informationsressourcen. Jede Entität erhält in der GND einen eindeutigen und stabilen Bezeichner (GND-ID). Die Normdaten können dadurch sowohl untereinander als auch mit externen Datensätzen und Webressourcen verknüpft werden. Auf diese Weise entsteht ein organisationsübergreifendes, maschinell auswertbares Datennetzwerk."

  • Derzeit im Aufbau: GND-Explorer (Betaphase, ansprechende Darstellung von Schlagwortbegriffen nach Datenblatt, als semantisches Netz, in Hierarchien sowie Hinweise auf die verschiedenen Codes für die Entitäten)

 

Ausgewählte Aufgaben (im Fokus: Retrieval nach den RSWK im Katalog der DNB bzw. Ermittlung in der OGND)

Ermitteln und Indexieren Sie deutschsprachige Medien zu folgenden thematischen Sachverhalten:

1. Einführung in das Suchmaschinenmarketing

2. Burnout bei Managern - Behandlungsmöglichkeiten

3. SEO - Einführung in die Thematik "Search Engine Optimization"

4. Die schönsten Trödelmärkte in Europa (Bildband, Nachschlagewerk)

5. Fotoband zur europäischen Bibliotheksarchitektur

6. Verbesserung der Lese-Rechtschreib-Schwäche von Grundschülern nach der Methode Montessori

7. Platzangst und panische Angstzustände bei Kindern

8. Strahlenbelastung / elektromagnetische Felder beim mobilen Telefonieren - Gesundheitsgefahren

9. Biographischer Sammelband mit über 50 geführten Gesprächen mit Jazzpianisten

10. Publikationen zum Themenbereich "Lehrererwartungseffekt (Pygmalion)"

11. Sammlung der besten Musikerwitze

12. Gefahren von Amalgam in den Zahnfüllungen (Patientenratgeber)

 


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