Erste Erkenntnisse
zum PIM von Forschenden
(Quelle: Droese 2012)
- Wissenschaftliche
Arbeit als Erkenntnisgewinn u. zielt damit auf Produktion neuen Wissens
ab
- Wissenschaftskreislauf:
ausgehend von bereits verfügbaren Kennnissen entsteht durch Anwendung
wiss. Methoden Erkenntniszuwachs, der in das bereits bestehende Wissen
integriert wird
- Forschende sind in
diesem Prozess sowohl Produzenten als auch Konsumenten von sog. wiss.
Fachinformation
- Prozess des wiss.
Erkenntnisgewinnes erfolgt nach bestimmten Grundaktivitäten
(unabhängig von der eigentlichen Wissenschaftsdisziplin) als logische
Abfolgen von ...
- Informationssuche
-- Informationsbeschaffung
(Zugang zum Volltext) -- Informationsverwaltung (Dokumentenablage)
-- Informationsnutzung (Lesen u. Schreiben) -- Informationsverbreitung
(Publizieren)
- Informationssuche
- grundlegende Verhaltensmuster:
Awareness -- Monitoring -- Browsing -- Searching
- Monitoring: "Auf-dem-Laufenden-bleiben"
durch regelmäßige Zeitschriftenlektüre (Zeitschriftenumlauf),
Current Contents-Dienste (Inhaltsübersichten von Zeitschriften)
u. weiterer Alerting-Dienste (z.B. google scholar alert); Schneeballsystem
durch "Fußnoten-Jagen"; neben informationswiss. Nachweisinstrumente
häufig auch "informelle Kanäle" (Tagung, Kollegen-Gespräche
etc.), um an einschlägige Literatur zu gelangen
- Browsing: "Zufallsfunde"
über Suchmaschinenanfragen und dem Verfolgen von Hyperlinks
- Searching: in
elektronischen Suchumgebungen eher oberflächliches Hin- und Herklicken,
oftmals "trial and error"; selten werden Hinweistexte oder
Hilftexte gelesen; man verlässt sich auf wenige, persönlich
bekannte Quellen: "Die Notwendigkeit, sich mit anderen,
noch nicht vertrauten Rechercheinstrumenten auseinanderzusetzen, wird
nicht gesehen, solange die genutzten Instrumente akzeptable Ergebnisse
liefern." (Droese, S. 96)
- Informationsbeschaffung
- wird als fremdbestimmter
Prozess wahrgenommen, bei dem Bibliotheken sowie weitere Lieferanten (wiss.
Verlage etc.) in Anspruch genommen werden müssen
- Bibliotheken
werden selten direkt konsultiert, sondern nur noch über den Fernzugriff
genutzt
- bevorzugt wird der
Rückgriff auf lokal verfügbare Quellen bzw. auf möglichst
frei zugänglichen Texten und Daten
- Dokumentliefersysteme
(z.B. subito) oder die klassische bibliothekarische Fernleihe werden zwar
prinzipiell als wichtig eingestuft, aber insgesamt als zu langsam angesehen:
"Bevor diese in Anspruch genommen werden, wird üblicherweise
zunächst versucht, eine Information auf einem alternativen, schnelleren
Beschaffungsweg zu erhalten (z.B. über persönliche Kontakte
u.ä.) Der sofortige, unkomplizierte Zugriff ist, neben der zu erwartenden
Relevanz, oft das entscheidende Kriterium für die Nutzung bzw. Nicht-Nutzung
von Information. In Folge dessen wird bisweilen schlichtweg auf die Kenntnisnahme
von Informationen, die nicht sofort verfügbar sind, verzichtet."
(Droese S. 98)
- Informationsverarbeitung
- meist verbunden mit
dem Aufbau einer privaten Informationssammlung: gesammelt werden sämtliche
Medien/Dokumente, die für die eigene Forschungstätigkeit als
relevant und interessant eingestuft werden
- Forschende entwickeln
"offenbar sehr individuelle Methoden des Sammelns und Organisierens,
welche im Hinblick auf Ablage-, Orientierung- und Erinnerungsstrategien
in hohem Maße von der persönlichen Arbeitsweise beeinflusst
sind. Es ist anzunehmen, dass Wissenschaftler zum Zweck der Verwaltung
eine Art persönliches, auf ihre jeweiligen Interessen und Bedürfnisse
zugeschnittenes Ordnungs- oder Klassifizierungssystem verwenden."
(Droese, S. 99)
- Bücher u.
kopierte Texte werden bevorzugt in Stapeln nach bestimmten Themen
oder nach einem bestimmten Arbeitsstand gebündelt und sortiert
- Digitale Dokumente
werden in unterschiedlichen Ordnerstrukturen auf der eigenen Festplatte
abgespeichert und fast immer auch zusätzlich ausgedruckt
- Forschende verwenden
teils elektronische Literaturverwaltungssysteme teils aber auch ihre
seit Jahrzehnten bewährten "einfachen" Textverarbeitungsprogramme
- Informationsnutzung
- Aktivität des
Lesens als grundlegende Voraussetzung: "das wiederholte Lesen
und intensive Studieren wissenschaftlicher Texte dient der Festigung des
bereits erworbenen Wissens, der Identifizierung von noch bestehenden Wissenslücken
und gibt Impulse für die weitere Entwicklung der eigenen Überlegungen
und Forschungsaktivitäten." (Droese, S. 100)
- bedingt durch den
Zugriff auf überwiegend digitale Texte lesen Forschende offenbar
mehr als früher; allerdings auch flüchtiger: "Infolge
der Informationsüberlastung sehen sie sich mit einem höheren
Arbeitsaufwand in Bezug auf das Selektieren und Herausfiltern der relevanten
Information konfrontiert, was bisweilen zu einer "Informationsmüdigkeit"
führt. Vielfach ist die Konsequenz, nicht nur die eher oberflächliche
Rezeption von Information, sondern gar der bewusste Verzicht auf alles
was nicht lokal verfügbar oder unkompliziert erreichbar ist."
(Droese, S. 101)
- Die Rezeption wiss.
Texte geschieht über eine tiefergehende Textanalyse: Titel u. Autor,
Blick in das Inhaltsverzeichnis, Lesen von Abstract und Einleitung; häufig
kein lineares Lesen, sondern Auswählen relevanter Textpassagen oder
Absätze. Elektronische Dokumente befördern ein zwar beschleunigtes
und dynamischeres Lesen, aber auch ein weniger gründliches Durchsehen
von Texten als es in gedruckten Quellen möglich ist; daher werden
digitale Texte (fast) immer ausgedruckt
- "Dieses
Vorgehen muss aber nicht unbedingt nur aus einer prinzipellen Ablehnung
des "Am-Bildschirm-Lesens" resultieren. Vielmehr hängt
es vermutlich mit den Aktivitäten zusammen, die das Lesen eines
wissenschaftlichen Textes begleiten: das Hinzufügen eigener Anmerkungen,
das Anfertigen von Exzerpten und Notizen sowie das Markieren von als
bedeutend eingeschätzten Textpassagen sind Bestandteil der intensiven
Auseinandersetzung mit den Inhalten eines Textes." (Droese,
ebd.)
- Informationsverbreitung
- Annotationen und
Notizen erfolgen teilweise noch handschriftlich; das Schreiben selbst
mittels verschiedener Textverarbeitungsprogramme
- Publikationsgewohnheiten
stark disziplinabhängig: "Die meisten Arbeiten von Natur-
und Lebenswissenschaftlern werden als Zeitschriftenbeiträge publiziert,
während Geisteswissenschaftler ihre Forschungsergebnisse eher in
Form von Monographien und kürzere wissenschaftliche Arbeiten als
Beiträge von Sammelwerken veröffentlichen." (Droese,
S. 103)
- OA (Open Access)
eher in den MINT-Fächern verbreitet; Geistes- und Sozialwissenschaften
noch zurückhaltend
Digitale Unterstützung
beim PIM von Forschenden (neuere Tendenzen)
(Quelle: Auth et al. 2019)
- Services für
Literaturanalyse und -management - Vielzahl an Möglichkeiten
- Suche: webbasierte
Bibliothekskataloge, Discoverysysteme, wiss. Suchmaschinen (google scholar,
google scholar alert ...), Metasuchoberflächen (KVK ...), digitale
Bibliotheken von Verlagen und Fachgesellschaften, Netzwerke von Forschenden
(ResearchGate ...)
- Analyse: Textanalyse
wird meist manuell durch den Forschenden vorgenommen
- Verwaltung: Literaturverwaltungssysteme
- "Festzuhalten
ist, dass sämtliche Schritte der Literaturanalyse durch unterschiedliche
Services unterstützt werden, die passend zur verfolgten Suchstategie
flexibel kombiniert werden können. Dabei liegt aktuell der Fokus
auf zunehmender Virtualisierung und Kollaboration in Bezug auf Suche,
Verwaltung und Verwertung von Literaturquellen. Gerade aber die inhaltliche
Analyse ist noch stark durch manuelle Tätigkeiten geprägt."
(Auth et al., S. 297 f.)
- Services für
die Literaturanalyse werden zunehmend eingesetzt
- Zitier-Datenbanken
(Web of Science, google scholar ...): Beziehungen zwischen Arbeiten und
mögliche Anknüpfungspunkte für weitere Arbeiten können
aufgespürt werden; Vorwärtssuche (zitierte Arbeiten) sowie Rückwärtssuche
(zitierende Arbeiten); Relevanzbestimmung und Eruieren wichtiger
Forschungsthemen
- "Gleichzeitig
ermöglichen soziale Netzwerke und Zitationsnetzwerke Forschenden,
die Entwicklung relevanter Fachgebiete zu verfolgen und somit aktuell
zu bleiben. Während die klassiche Literatursuche in Datenbanken
ein Pull-Dienst ist und somit die aktive Suche des Forschenden nach
relevanten Arbeiten erfordert, bieten Netzwerke Push-Dienste an, um
Forschende frühzeitig und automatisch über aktuelle Entwicklung
zu informieren." (Auth, et al., S. 299)
- Services für
Preprint-Publishing werden verstärkt genutzt (z.B. ArXiv.org
...)
- wiss. Dokumente,
die als sog. Preprints zunächst keinen formalen Begutachtungsprozess
durchlaufen haben; Vorabveröffentlichung bietet ...
- Zeitersparnis gegenüber dem oft länger dauernden Prozess
der Begutachtung
- Qualitätssicherung und Verbesserung durch kritische Begutachtung
von interessierten Forscherkollegen
- Selbstarchivierung und langfristige Speicherung eigener Beiträge
im Sinne einer Sicherungskopie
Copyright: B. Meier