Von der Benutzerschulung zur Teaching Library + Learning Library

Bibliothekarische Aktivitäten zur Steigerung der IK - die sog. "Teaching Library" sowie erste Hinweise zur IK an Hochschulbibliotheken

Bibliotheken in der Rolle als Teaching Library bieten mehr als sporadische, isolierte Benutzerschulungen. Bibliotheken als Lernzentren: Förderung von selbstgesteuertem Lernen, Vermittlung von IK auf folgenden Ebenen möglich ...

  • zielgruppenspezifische persönliche Bibliotheksführungen
  • virtuelle Rundgänge
  • auditive oder audiovisuelle Hilfsmittel (Filme, Videos)
    • Einführungsfilm Nutzung Medienzentrum (UB Marburg)
  • Online-Tutorials (digitale Selbstlernkurse)
    • Einstiegsseite des h-da-Medienzentrums
    • UB Heidelberg: FIT - (Fachbezogenes Informationskompetenz-Training für ausgewählte Fächer)
    • UB Münster: Navigations- und Schulungssystem LOTSE
    • ULB Darmstadt: Tutorial-Videos
  • Einführungsveranstaltungen zur ...
    • Bibliothekskatalog-Benutzung
    • Nutzung allgemeiner und fachlicher Informationsmittel
  • Unterstützung einzelner Lehrveranstaltungen der Hochschule
  • individuelle Betreuung bei der Lösung konkreter Informationsprobleme / IK-Coaching
  • Beispiel für ein abgestuftes, ausdifferenziertes IK-Konzept: UB Kassel

Hauptkennzeichen einer Teaching Library (nach: Hütte 2006, S. 14 / Umlauf 2003, S. 13)

  • Gesamtkonzept von Schulungen / Kursen
    • Entwicklung eines Kurskonzeptes
      • ideal: modular-hierarchischer Aufbau entsprechend der Kundenbedürfnisse
    • Einbindung der Schulungsveranstaltungen in die Curricula der entsprechenden Studiengänge / Kurse
  • Anwendung schulungsdidaktischer Methoden
    • Festlegung der Zielgruppen
    • Leistungserhebung
    • Bestimmung der Lehrziele
    • Beschreibung der Lernziele und Lerninhalte
    • Einsatz schulungsadäquater Medien und Methoden
    • Evaluierung der Schulungsveranstaltungen
  • Bereitstellung von Schulungsräumen
  • Qualifizierung von Schulungspersonal

Kritische Erfolgsfaktoren bei Einführung der Teaching Library (in Anlehnung an: Umlauf 2003, S. 14f.)

  • Studierende da abholen, wo sie inhaltlich "stehen". Vorkenntnisse der Studierenden mittels Fragebogen erheben
  • Zusammenarbeit mit den Dozenten. Müssen selbst erst einmal die Bedeutung von IK erkennen: künftige Entlastung ihrer Kurse, bessere Leistungen bei den Studierenden
  • aktivierende Lernmethoden einsetzen: ohne Übungen läuft nichts!
  • Studierenden gleich zu Beginn den Nutzen der Kurseinheit vermitteln; Übungen sollten damit beginnen, dass Kenntnislücken aufgedeckt werden
  • Teilnehmer sollten sich in den Übungen wechselseitig ihre erfolgreichen Rechercheschritte vorführen und erklären
  • Stoff der Übungen und Beispiele muss sich ganz konkret auf das Studienfach bzw. das Thema der Lehrveranstaltung beziehen
  • jede Kurseinheit mittels Fragebogen bezüglich Inhalt und Methode evaluieren; auch abfragen, welche Kurseinheiten / Aufbaukurse besonders erwünscht sind
  • differenzierte Kursangebote planen: von Kurseinheiten innerhalb einer bestimmten Lehrveranstaltung bis hin zu "Drop-In-Classes", die allgemein beworben werden und für jeden ohne Voranmeldung zugänglich sind
  • personengebundenes Kursangebot mit Online-Tutorials (E-Learning) vernetzen
  • sowohl Kurse wie auch Online-Tutorials oder Videokurse sollten thematisch ausdifferenziert sein: von Anfänger- über Fortgeschritten- bis hin zu Spezialkursen
  • Bibliotheksleitung muss durch Organisation und Öffentlichkeitsarbeit das Gesamtkonzept der IK unterstützen
  • Vermittlung von IK muss anerkannter, im Geschäftsverteilungsplan und in den Arbeitsplatzberschreibungen vorgesehener Teil der Dienstleistung sein
  • Bibliothekspersonal, das IK vermittelt, benötigt seinerseits ein differenziertes Fortbildungsprogramm
    • Modul "Teaching Library" im Rahmen des CAS (Certificate of Advances Studies)" Bibliothekspädagogik" an der HdM Stuttgart

 

Von der Benutzerschulung zur Vermittlung von Informationskompetenz (nach: Hapke 2000, S. 821)

Benutzerschulung Vermittlung von Informationskompetenz
bezogen auf eine Bibliothek oder ein Informationssystem bezogen auf viele Informationssysteme
orientiert an Institution orientiert am "lebenslangen Lernen"
pragmatisch konzept-basierend
kurzfristige Ziele langfristige Ziele
Schwerpunkt auf Werkzeug oder spezieller Anwendung einer Datenbank Schwerpunkt auf Strategie --> "Hilfe zur Selbsthilfe"
kurs-orientiert über einen Kurs hinausweisend
lehr-orientiert lern-orientiert

 

Neuere Ansätze zur IK-Vermittlung - die LEARNING LIBRARY (nach Rockenbach)

Modell Teaching Library Learning Library
Didaktisches Modell Kognitivistisch (Lernen durch Einsicht) Konstruktivistisch (Lernen durch eigene Erfahrung)
Gruppengröße groß (bis ca. 40 Personen) klein (5 bis 15 Personen)
Inhalte Führung, Vortrag mit Übungsbeispielen Einführung, Erarbeiten von Aufgaben, Präsentation, Gruppendiskussion
Wissenserwerb vorgegebenes Schema durch festgelegte Aufgaben, Fokussierung auf ein Thema Aufgaben festgelegt, aber selbständige Erarbeitung der Lösungen, keine Fokussierung auf ein einziges Thema
Personaleinsatz Für die Veranstaltungszeit fest eingebunden flexibel, ständige Präsenz nicht erforderlich
Dauer/Einheit 90 Minuten 90 Minuten

 

Vermittlung von IK als Aufgabenfeld der Hochschulbibliotheken - Potentialanalyse / betriebswirtschaftliche SWOT-Analyse (nach: Hütte 2006, S. 68ff.)

SWOT-Analyse = strategische Untersuchung einer Ausgangssituation (Begriff aus der BWL/Controlling); Strenghts (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen, Möglichkeiten) und Threats (Risiken, Bedrohungen); Stärken-Schwächen-Analyse als unternehmensinterne Faktoren in Ergänzung zu den externen Faktoren Chancen/Risiko. Grundannahme der SWOT-Analyse: Unternehmen, die ihre Stärken u. Schwächen kennen und sie auf Chancen u. Risiken der Märkte abstimmen, können im Wettbewerb besser überleben.

STÄRKEN SCHWÄCHEN
  • vorhandene Ressourcen und Infrastruktur
  • fachliche Qualifikation des Personals (Bibliothekare als Informationsspezialisten)
  • Erfahrung in der Benutzerschulung (mittlerweile über 30jährige Erfahrung in diesem Bereich)
 
  • interne Struktur nicht auf die Aufgabe ausgerichtet: Bedürfnisse der Kunden (noch) zu wenig erforscht
  • fehlende Personalressourcen (Abhilfe: Blended Learning, Online-Tutorials, Multiplikatorenschulung)
  • mangelnde pädagogisch-didaktische Kompetenz der Mitarbeiter (Problembewußtsein bei den Kunden schaffen!)
CHANCEN und MÖGLICHKEITEN RISIKEN und BEDROHUNGEN
  • aktuelle Bildungsdiskussion (Problembewußtsein durch PISA- u. SteFI-Studie)
  • Bologna-Prozess: BA-/MA-Struktur bietet gute Möglichkeiten der curricularen Integration von Schulungsangeboten
  • weiter wachsende Informationsflut, unübersichtliches Angebot an Informationsmitteln
  • unzureichende Wahrnehmung von Bibliotheken durch Politik und Gesellschaft (Problem der schlechen Lobby, unzureichende gesellschaftliche Anerkennung)
  • mangelndes Problembewußtsein bei Hochschullehrern und Studierenden (eigener Schulungsbedarf wird größtenteils nicht erkannt!)
  • Konkurrenz durch andere Berufsgruppen und Dienstleister (z.B. allg. Pädagogen, Informatiker, Medienspezialisten, Weiterbildungseinrichtungen (VHS) sowie die Omnipräsenz des Internet an sich --> von der Konkurrenz google u. ebay lernen!)
  • zunehemende Dislozierung der Informationsressourcen (Gefahr: Der Ort "Bibliothek" verschwindet im Bewußtsein der Kunden

Fazit der SWOT-Analyse (Hütte 2006, S. 75):

 

Argumente für die Konzeption einer Teaching Library sind ... (vgl. Dannenberg 2007, S. 132)


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